Wednesday, May 19, 2010

Fast am Ziel

Ich bin in Granada. Endlich. Nur noch 50 Kilometer bis Orgiva und von dort aus ein Katzensprung nach Beneficio!
Mein ursprünglicher Plan war zunächst nach Valencia zu fahren und ich dachte gestern Abend, dass ich nie dort ankommen würde. Ich war mit dem Zug raus aus dem Zentrum Barcelonas gefahren zu einem Hitchhiking-Spot, den ich im Internet gefunden hatte. An der Station fand ich allerdings nicht den beschriebenen Weg zu der Stelle, dafür aber nette Menschen, die mich dorthin fuhren. Von dort aus brachten mich zwei Spanier zur nächsten peaje, von wo ich freundlich von einem der Aufseher weggeleitet wurde, da ich da anscheinend im Gegensatz zu Frankreich nicht stehen durfte oder besser gesagt nicht geduldet wurde. Der Aufseher zeigte mir jedoch eine andere Stelle, von der aus ich wider Erwarten auch weiter kam. Leider nicht sehr weit – etwa 40 km. Ich war bisher gewöhnt, schnell sehr weite Strecken zu überbrücken und nun etwas enttäuscht nur schleppend voran zu kommen. An der Tankstelle, an der ich rausgelassen wurde, war nicht viel betrieb, ich sah aber die schöne Natur um mich herum und spielte mit dem Gedanken, einfach zu wandern, wie weit ich kam. Es war auch schon recht spät und ich musste mir allmählich einen Schlafplatz suchen. Als ich gerade zur Karte der Umgebung lief um mir eine Wanderroute zu suchen, wurde ich von einem Fahrer angesprochen. Wie sich schnell herausstellte, von einem Deutschen, der zusammen mit seinem Freund aus den Staaten mit dem Auto durch Westeuropa fuhr unter dem Motto „Der Weg ist das Ziel“ – das heißt nirgendwo lange bleiben, nur zum Essen oder Schlafen in eine Stadt gehen und den ganzen Tag fahren um möglichst weite Strecken zu überwinden. Ihre Route ging über Malaga, was etwa 100 km nach Granada liegt und ich konnte ihrem Angebot nicht widerstehen, die lange Strecke (acht Stunden) mit ihnen zu fahren und keinen Abstecher mehr bei Valencia zu machen. Um fünf Uhr morgens kamen wir dann bei Granada an, ich stieg an einer Tankstelle aus und es brauchte noch eine Weile, bis ich jemanden fand, der mich ins Zentrum fuhr. Meine beiden Fahrer hatten mich sozusagen dafür mitgenommen, dass ich sie wach hielt, da sie schon seit 36 Stunden unterwegs waren. Es ging also quasi um die Wurst, so dass ich tatsächlich auch selbst wach blieb. In Granada war ich aber nur noch fertig. Ich sah einen Campingplatz und entschied mich, eine Nacht zu buchen um erst einmal ausgiebig zu schlafen. Ich baute mein Zelt auf und warf mich hinein.
Als ich am Nachmittag wieder aufwachte, sah ich erst richtig, wo ich war. Es ist schon länger her, dass ich das letzte Mal auf einem Campingplatz war und damals hatte ich noch eine recht andere Art die Dinge zu sehen – wohl noch eine relativ "normale". Jetzt sehe ich alles aus einer vollkommen anderen Perspektive.
Ich sehe die unzähligen Menschen drumherum, die hier ihr Geld damit verdienen, die Toiletten zu putzen, Unkraut zu jäten, an der Rezeption zu sitzen oder die Pflanzen zu gießen. Und ich sehe die Menschen darin, die wohl ein Gefühl dafür haben, dass naturnahes Leben schöner ist, jedoch ihre „zivilisierten“ Gewohnheiten zu tief sitzen, so dass sie ihre Toiletten und Duschen brauchen, ihr Auto oder ihren Campingwagen, ihr Bett, ihre Tische und Stühle, ihren Kocher und ihr ganz normales Essen von zu Hause, die Nähe zur Stadt und den Zaun um das Grundstück. Ihre Fremdheit gegenüber der Natur ist so weit fortgeschritten, dass es wohl schon ein Abenteuer für sie ist, auf einem Campingplatz zu sein. Ich möchte mich da aber auch nicht vollkommen ausklammern. Schließlich sitze ich hier in meinem Zelt, schreibe an meinem Netbook, welches gerade am Strom läd, an dem auch mein Handy hängt, benutze die sanitären Anlagen hier und werde später in der Stadt einkaufen gehen.
Ich stecke noch genauso in all dem drinnen. Und ich möchte ausbrechen. Zumindest für eine gewisse Zeit bis ich von Allem so weit weg bin, so dass ich selbstständig und bewusst entscheiden kann, was ich annehmen möchte und was nicht.

Die letzte Woche war zwar anstrengend, aber ich merke, wie mich der Campingplatz unheimlich langweilt. Ich hatte mich im Hostel in Barcelona von den anfänglichen Strapazen ausführlich erholt und nun misse ich sie schon wieder. Ich bin gespannt auf Beneficio und frage mich, ob mich die Sicherheit dort nicht vielleicht auch langweilen könnte. Ich werde es sehen, hoffentlich noch heute.
Später nehme ich den Bus nach Orgiva und werde dann versuchen, Beneficio zu finden. Falls ich es nicht finde, suche ich mir dort einen Platz zum Schlafen und kann dann morgen nach dem Markt in Orgiva, auf dem auch Leute aus Beneficio verkaufen, mit jemanden nach Beneficio fahren.

Das nächste Mal gibt es dann also endlich Infos aus Beneficio! :)

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