Saturday, September 11, 2010

Was die Rohkost mit mir macht

Ich ernähre mich nun seit sieben Monaten roh und ich denke, es ist Zeit für eine erste Bilanz. Ich habe noch lange nicht das Gefühl, dass bereits alle Veränderungen vollzogen sind. Ich habe gehört, dass die ersten ein bis zwei Jahre intensiv sind. Ich würde aber nicht sagen, dass sie anstrengend sind. Natürlich gibt es gewisse Punkte, die überwindet werden müssen: Die Sucht nach Kochkost und die Entgiftung. Allerdings sind die positiven Entwicklungen so groß und nehmen immer weiter zu, wohingegen die Sucht und Entgiftung abnehmen, dass ich niemals denken würde, dass es das nicht Wert ist oder zu anstrengend ist. Ich habe es aber auch zugegeben einfacher. Der soziale Faktor des gemeinsamen Essens und die Konfrontation mit Kochkost ist recht gering bei mir. Ich lebe alleine und in der Natur. Ich rieche nur selten Kochkost und bin nur selten anwesend, wenn Kochkost gegessen wird. Auch sehe ich nicht ständig Plakate und Werbungen und Restaurants und Bäckereien und andere Dinge, mit denen ich in der Stadt konfrontiert, nein, eher manipuliert werden würde. Ich bin von Natur umgeben, und von Wildkräutern und Früchten, die hier einfach so um mich herum wachsen. Das wirkt sehr heilsam, nicht nur bezüglich der Ernährung. Auch gibt es hier viele Menschen, die dem Thema gegenüber aufgeschlossen sind oder sich selbst roh ernähren oder dies tun möchten. Somit kann ich mich viel austauschen. Und entsprechend sieht auch das Angebot an rohen Lebensmitteln in Orgiva aus, dem nahegelegenem Dorf, in dem ich einkaufen gehe. Hier gibt es im Sommer auf dem Wochenmarkt einen Rohkost-Stand mit Kuchen, Energiebällchen und jeder Menge Superfoods. Des weiteren gibt es mehrere Reformhäuser, von denen eines von ehemaligen Rohköstler_innen geführt wird und entsprechend auch viele interessante Sachen führt: rohes Eis, Superfoods, Cracker, rohe Schokolade und Kuchen etc.. In Deutschland würde ich wohl einiges bestellen müssen, was ich hier einfach im nächstliegenden Dorf kaufen kann.
Das macht mir die Umstellungsphase viel angenehmer. Es ist wie eine Kur für Leib und Seele :)

Um eine Bilanz zu ziehen, habe ich eine Liste zusammengestellt mit positiven Veränderungen, seit dem ich mich roh ernähre. Es ist sicherlich nicht alles nur auf die Rohkost zurückzuführen, sondern auch darauf, dass ich in der Natur bin, frische Luft atme, mich mehr bewege, mehr Sonne habe etc. Es ist wohl ein komplexes Zusammenspiel vieler Faktoren, die sich gegenseitig beeinflussen und verstärken, aber ich denke, dass die Ernährung da ein sehr wichtiger, treibender Faktor ist. (Was eher mit Leben in der Natur zusammenhängt, werde ich vielleicht in den nächsten Wochen in Deutschland erfahren, wo ich wieder mit Stadtleben konfrontiert bin. Ich bin gespannt darauf, wie sich dies auswirken wird.)
Ich habe mich auch bemüht, Punkte zu finden, die sich negativ entwickelt haben seit der Rohkost. Ich kann aber tatsächlich nichts finden. Höchstens Punkte, bei denen (noch) keine Veränderung aufgetreten ist oder ich mir eine stärkere Veränderung wünschte. Da bin ich aber sehr zuversichtlich, dass sich dies auch noch weiterentwickeln wird und ich meine Liste der positiven Veränderungen mit den Monaten erweitern kann.
Nun also die positiven Veränderungen, die aufgetreten sind, seit dem ich mich roh ernähre:

- Meine Haut kann besser mit Sonne umgehen. Ich hatte in den vier Monaten spanische Sonne, und sehr viel davon, nie Sonnenbrand und habe auch nie Sonnenschutzcreme verwendet.
Hatte aber durch den Urlaub auf La Gomera schon eine gewisse Gewöhnung an die Sonne. Dennoch: Selbst auf La Gomera hatte ich nur einen geringen Sonnenbrand, wohingegen ich die letzten Jahre trotz intensiven Gebrauch von Sonnenschutzcreme selbst in der deutschen Sonne es immer wieder geschafft habe, einen Sonnenbrand zu bekommen.. Des weiteren habe ich eine sehr intensive, gesunde Bräune.
- Hautbeschaffenheit und -aussehen wird Monat für Monat besser. Haut wird straffer, fester, weicher. Hautprobleme, wie Pickel, Ausschlag etc. werden immer geringer und verschwinden allmählich ganz. Ich habe eine leichte Form von Neurodermitis, die aber schon fast vollständig verschwunden ist. Keine trockene Haut mehr, wie zuvor ständig. Ich benutze keine Tagescremes oder Bodylotions mehr – weil ich sie nicht brauche.
- Höhere Leistungsfähigkeit, obwohl sich die Kalorienaufnahme Monat für Monat verringert. Schlafzeit wird kürzer. Anfangs brauchte ich 10-12 Stunden und einen Mittagsschlaf um nicht müde zu sein, jetzt brauche ich 8-9 Stunden und keinen Mittagsschlaf. Kann auch ohne Probleme damit umgehen, wenn ich weniger Schlaf bekomme, auch über mehrere Tage hinweg. Ich erhoffe mir aber, dass sich die Schlafzeit noch weiter verringert (wie ich das von anderen gehört habe).
- Schnelleres Aufwachen. Früher brauchte ich oft Stunden, bis ich auf der Höhe war.. Jetzt stehe ich auf und der Tag beginnt. Ich sehe auch so aus. Keine tiefen Augenringe oder ein angeschwollenes Gesicht am Morgen mehr.
- Keinen schleimigen Husten oder Halsschmerzen mehr (zuvor ständig und selbst im Sommer, es gehörte zu meinem Alltag).
- Steigende Kälte- und Hitzeresistenz.
- Harmlose Periode. Fast keine Auswirkungen auf meine Stimmung (zuvor große Stimmungsschwankungen, Depressionen, Müdigkeit, Wunsch mich zurück zu ziehen und zu isolieren). Dauert nur 2-3 Tage an (zuvor: 5-7). Geringe Blutung (zuvor: große Mengen an Blut). Keine oder sehr geringe Schmerzen (zuvor: sehr schmerzhafte Bauchkrämpfe und allgemein stark gesteigertes Schmerzempfinden).
- Angenehmer Körpergeruch, kein Mundgeruch, milderer Geruch der Körperausscheidungen.
- Weniger Zahnablagerungen.
- Fast nie Blähungen und wenn, dann durch zu große Mischung der Speisen (zuvor: seit Jahren ständige Blähungen und scheinbar grundlos).
- Gewichtsreduzierung (etwa 12-15 Kilo in sieben Monaten, genauere Angabe, sobald ich mich wiegen kann ;).
- Besserer, tieferer Schlaf (zuvor: öfter Probleme ein und durch zu schlafen).
- Weitaus seltener Muskelkater, fast nie.
- Gesteigertes Gefühl für, wie mir scheint, natürliches Leben. Gesteigertes Körpergefühl. Gesteigerte Instinkte. (Beispiele: Schlafenszeit normalisiert sich, kein Aufbleiben bis tief in die Nacht. Natürliche Müdigkeit, wenn die Sonne untergeht und Aufwachen, wenn es hell wird. - Unangenehmes Gefühl bei Feuer. Fühle die potentielle Gefahr. Leichter Fluchtinstinkt.)
- Andere Suchtmittel (außerhalb der Ernährung) wie Alkohol und Drogen haben keinen Reiz für mich. Ich habe noch relativ kurz vor der rohen Zeit einem Bier in Gemeinschaft nicht widerstehen können, obwohl ich das Gefühl danach bereits nicht leiden konnte. Ich habe festgestellt: Je mehr ich meine Ernährung umgestellt habe, je gesünder ich gelebt habe in den letzten Jahren, desto geringer wurde der Reiz von Alkohol und Drogen und desto unangenehmer fühlte sich der Konsum an. Ich würde trinken und rauchen, wenn ich denn wollte. Ich will jedoch nicht. Ich sehe keinen Grund mehr darin es zu tun und weiß nicht, warum ich mich anders fühlen wollte, als ich mich jetzt fühle.
- Gesteigerte Spiritualität, Naturliebe, Selbstvertrauen, Ruhe, Geduld, Freude, Gefühl der Dankbarkeit, Zuversicht. Immer weniger und mildere Stimmungsschwankungen. Gefühle wie Auswegslosigkeit, Wut, Trauer, Ärger, Selbstmitleid, Aggressionen werden immer seltener, kürzer andauernd und schwächer.
- Klareres Denken, schnellere Problemlösung, mehr Konzentration.
- Gesteigerter Geruchs- und Geschmackssinn (sowohl im Vergleich zu mir früher als auch zu anderen Kochköstler_innen).
- Alte, verdrängte Emotionen kommen wieder auf und können nun verarbeitet und gelöst werden.

Ich habe festgestellt, dass die positiven Entwicklungen umso deutlicher hervor kommen, je natürlicher meine Ernährung ist, also je weniger Zubereitetes ich esse, je weniger ich insgesamt esse, je weniger Fett und Proteine ich esse etc. Die beste Entwicklung hatte ich, als ich mich eine Woche lang nur von den Dingen ernährt habe, die hier wachsen, also Feigen, Kaktusfeigen, Weintrauben, Brombeeren und Wildkräuter.
Des weiteren habe ich die meisten dieser Entwicklungen bereits leicht bei den vorherigen Veränderungen meiner Ernährung wahrgenommen, also als ich mich vegetarisch und später vegan ernährt habe, während ich allmählich mehr und mehr Rohkost zu mir genommen habe und als ich im letzten Herbst mich einen Monat roh ernährte. Als ich wieder zur Kochkost zurückkehrte, sind diese positiven Entwicklungen entsprechend wieder zurückgegangen/verschwunden.
Auch interessant ist, dass ich durch Austausch mit anderen Menschen und durch Lesen von Rohkost-Erfahrungen Anderer feststelle, dass der größte Teil der Punkte genauso auch von anderen beobachtet wird.

Ich habe aber die letzten Monate nicht nur Rohes zu mir genommen. Zum einen sind mir das ein oder andere Mal versehentlich unrohe Dinge untergekommen, wie z.B. Nüsse, die sich als unroh herausgestellt haben, oder Riegel, die auf den ersten Blick roh zu sein schienen, beim genaueren studieren der Zutatenliste aber nur 50-75% roh waren.
Ich habe allerdings auch bewusst einige Male Kochkost gegessen. Aus ganz unterschiedlichen Gründen. Ein Mal aus sozialen Gründen: In der Big Lodge wird gemeinsam Essen zubereitet und da ich immer zu allem nein sage, was dort herumgereicht und geteilt wird (Essen, Wasserpfeifen, Zigaretten, Joints), habe ich mich einmal beim Essen dazu entschieden, nicht nein zu sagen, um zu schauen, wie ich darauf reagiere und was mir der soziale Faktor von (gekochtem) Essen bedeutet.
Andere Male (die Male, die ich bewusst Kochkost gegessen habe lassen sich an zwei Händen abzählen) habe ich Kochkost entweder wieder aus Neugierde probiert, ob und wie ich darauf reagieren würde, aber auch weil die Sucht noch nicht ganz überwunden ist. Ich quäle mich nicht, sondern tue, was ich möchte. Wenn das Gefühl „Das will ich essen.“ sehr groß ist, dann lasse ich es zu. Ich fühle mich gestärkt genug in der Rohkost, ich weiß, dass ein bisschen Kohkost mich nicht ins Wanken bringen wird. Ich sehe keinen Grund, zu der Kochkost zurück zu kehren. Deswegen lasse ich es die ohnehin seltenen Male zu und beobachte dann. Was macht die Kochkost mit mir? Dies gibt es im nächsten Eintrag zu lesen :)

Beni lässt nicht los...

Eigentlich möchte ich ja schon seit längerem in Deutschland sein, aber irgendwie habe ich es noch nicht dorthin geschafft. Es scheint fast so, als ob Beneficio mich festhält..
Anfangs wollte ich es mir hier nur anschauen, nur so ein, zwei Monate bleiben und dann weiterreisen. Dann gefiel es mir hier aber so gut, dass ich mich entschied einen Monat länger zu bleiben. Als dieser Monat verging und ich mich aufmachen wollte, brachten mich verschiedene Punkte dazu, doch noch länger zu bleiben. Wie ich bereits schrieb, bin ich vor einigen Wochen umgezogen. Ich wollte das schnell erledigen und dann aufbrechen, aber es kamen Fragen auf, die ich zunächst klären musste (ob die Nachbarn auch einverstanden sind, dass ich dort lebe, und ob nicht noch jemand anderes Interesse an demselben Platz hat). Auch hatte ich keine Mitfahrgelegenheit und war mir unsicher, ob ich wieder bereit zum Trampen bin.
Die Fragen geklärt und an meinen geliebten Platz gezogen ging es einige Wochen später endlich los, ich verließ Beneficio.. Nur um beim Trampen zwei Tage an der gleichen Stelle hängen zu bleiben und Erfahrungen damit zu machen, wie schwer es sein kann in Spanien zu Trampen und vor Allem mit einem Hund.
Letztlich traf ich Leute aus Beneficio, die gerade von einem Festival zurück nach Beni fuhren. Ich war so ermüdet von den Strapazen, nicht weiter zu kommen und nach den Monaten in der Natur wieder auf die Stadt zu treffen, dass ich nicht widerstehen konnte, mit ihnen zurück zu fahren. Also wieder hier..
Diesmal habe ich eine Mitfahrgelegenheit gefunden, die mich mitsamt Hund von Orgiva bis nach Karlsruhe fährt. Perfekt. Am Donnerstag sollte es eigentlich bereits losgehen und Freitag Abend hätte ich ankommen sollen, die Fahrt wurde jedoch kurzfristig verschoben. Montag soll es nun sein. Hoffen wir es..

Noch gar nicht in Deutschland angekommen, falls ich es überhaupt jemals schaffe, denke ich schon wieder an meine Rückreise. Da ich mich dazu entschieden habe, hier den Winter zu verbringen, möchte ich gerne ein paar Sachen aus Deutschland hierher bringen.
Ich bräuchte dazu allerdings ein Auto. Somit schalte ich hier ein Gesuch: Wer hat ein Auto mit viel Stauraum (ein Van, Minibus o.Ä.) und möchte gerne Ende Oktober oder im November mit mir, meinem Hund Luna und eventuell ein bis zwei weiteren Personen nach Beneficio fahren, um es sich hier anzuschauen? Benzinkosten werden natürlich geteilt. Des weiteren kann ich anbieten: Übernachtung auf meinem Platz oder in der Nähe in einem Zelt (habe ein 4-Personen-Zelt und ein weiteres 1-2 Personenzelt), Tour durch Beneficio und Einführung in die rohe, stromlose Kost :). Soweit ich selbst bewandert bin auch gerne eine Wildkräuterwanderung (bin selbst gerade dabei über die Kräuter hier zu lernen, aber wir können ja gemeinsam lernen :)
Vielleicht haben auch mehrere Interesse. Dann könnten wir als Gruppe fahren und meine Sachen könnten auf mehrere, kleinere Autos verteilt werden.
Bei Interesse bitte Nachricht an: loveforfruits@gmail.com