Tuesday, January 31, 2012

Von Beneficio in Spanien zu einem Salsa-Club in Berlin


Nach dem mich die Sehnsucht nach Salsa gepackt hat, bin ich am Sonntag in einen Salsa-Club gegangen. Und was mir dort passiert ist, ist so irreal, ich würde denken, es sei ein Traum, wenn ich nicht die eingespeicherte Nummer und den Facebook-Account als Beweis hätte, dass es doch tatsächlich stattgefunden hat. 
Schon relativ früh am Abend ist mir einer der Tanzenden aufgefallen, irgendwie kam er mir bekannt vor, doch ich konnte ihn zunächst nicht zuordnen. Schnell stellte ich jedoch fest, dass er so aussah, wie ein Deutscher, den ich in Beneficio kennen gelernt hatte. Aber der „Zufall“ schien mir zunächst zu groß zu sein. Oder könnte es doch sein? Ich erinnerte mich daran, dass er damals darüber sprach nach Berlin zu ziehen, in Beneficio war er nur für ein paar Monate während er auf den Semester-Beginn wartete. Er lernte dort Spanisch und Gitarre zu spielen, vor Allem konzentrierte er sich auf den Flamenco-Stil. Dass er jetzt in Berlin Salsa tanzen würde, schien nach einigem Nachdenken also durchaus plausibel. Irgendwann sprach ich ihn dann einfach an und tatsächlich, er war es. Wir haben uns dann eine ganze Weile unterhalten, sind einen Stück des Heimweges gemeinsam gefahren und haben am Ende noch Nummern und Facebook-Namen ausgetauscht. 

Ich kann nicht anders, als zu denken, dass dies ein Zeichen war. Gerade jetzt, wo ich kurz vor der Entscheidung stehe, nach Beneficio zu gehen, treffe ich einen der Leute, die ich an meinem ersten Tag in Beneficio kennen gelernt habe!
Ich habe ihm von meiner Sehnsucht nach Beneficio erzählt und davon, dass ich möglicherweise bald wieder dorthin zurückkehren werde. Wir haben über die ... sagen wir mal „schwierigen“ Menschen dort gesprochen, und ich wurde dadurch wieder deutlicher daran erinnert, dass dort sehr viele keine sonderlich hohen Ansprüche in Sachen Selbstversorgung, Gemeinschaft usw. haben. Sein persönlicher Rat war, in Berlin zu bleiben und mein Studium weiter zu machen.
Seitdem ich darüber nachdenke, nach Benefcio zurück zu kehren, wünschte ich mir, mit jemandem darüber zu sprechen, der dort länger war. Und nun hatte ich diesen Wunsch erfüllt bekommen. Entsprechend ernst muss ich diesen Rat nehmen, denn da sprach schließlich jemand, der weiß wie es in Beneficio so ist.
Schon allein die Tatsache, dass es gerade jetzt dazu kam, dass ich jemanden aus Beni in Berlin wieder traf, bringt mich schon sehr durcheinander in meinem Entscheidungsprozess. Ich bin tatsächlich an einem Punkt, an dem ich bei beiden Wegen Vor- und Nachteile sehe, sodass es mir schwer fällt, mich eindeutig für einen der beiden zu entscheiden. Beide Wege fühlen sich fast gleich real oder eher irreal an. Das hat mich zum Grübeln gebracht, sodass ich mich jetzt frage, ob ich mich nicht vielleicht intensiver nach noch weiteren potentiellen Wegen umschauen sollte um vielleicht doch noch einen zu finden, bei dem ich ganz klar „Ja!“ sagen kann. 
Ich habe gestern mal damit begonnen und kam schon mal auf zwei weitere Möglichkeiten: Zum einen könnte ich länger in Berlin bleiben, aber nicht oder weniger um zu studieren, sondern um mir mehr Zeit zu geben darüber tüfteln zu können, welche Schritte ich gehen möchte, welche Möglichkeiten ich habe und um meine finanzielle Situation zu verbessern. Zum anderen könnte ich jetzt das tun, was ich eigentlich vorhatte, als ich vor bald zwei Jahren aufgebrochen bin nach Beneficio: Reisen und mir verschiedene Kommunen und Projekte anschauen.
Bei beiden Möglichkeiten muss ich sagen, dass sie grundsätzlich attraktiv sind, mein Herz aber dennoch bei keiner von beiden wirklich höher schlägt. Am Stück lange low-budget und ungeplant reisend unterwegs zu sein ist, wie ich mittlerweile festgestellt habe, sehr anstrengend und ich weiß nicht, ob ich schon die Nerven dafür habe. Wenn ich in Berlin bleibe, besteht die Gefahr, dass mein bisher angespartes Geld einfach verrinnt, da hier das Leben allgemein etwas teurer ist und dazu noch Miete, Strom, Heizung usw. kommen. Monatliche Fixkosten von 250-300 Euro, welche ich in Beneficio einfach nicht habe. Auch das Umherreisen ist aus finanzieller Sicht schwierig. Die Gefahr ist groß, dass man aus Müdigkeit trotz allen guten Vorhaben immer wieder öffentliche Verkehrsmittel und Taxis nimmt und an Zeltplätzen schläft. Ich möchte nicht nach einem Jahr reisen wieder mit nichts da stehen..
Trotzdem werde ich länger darüber nachdenken und die beiden weiteren Wege in Erwägung ziehen.
Und ich werde auf jeden Fall auch nach noch weiteren Möglichkeiten, meine nächsten Jahre zu gestalten, suchen und wenn jemand einen Vorschlag hat, dann nur her damit!

So wie die letzten Monate weiter machen, kann ich nicht und es erfüllt mich nicht. Ich brauche einen tiefsinnigen und wertvollen Plan und Studium sehe ich zwar als interessant an, als schöne Sache nebenbei, aber nicht weltbewegend.. Sicherlich kann man mit manchen Studiengängen bestimmt später viel reißen, aber diese Wege sind nicht interessant für mich. Ich bevorzuge es praktische Lebenserfahrung zu sammeln, ich will wissen, wie man ein Haus aus Natur-Materialien baut, wie man sehr simpel Energie aus Sonne, Wasser, Wind und Biogas gewinnen kann, wie man näht, wie man Stoffe selbst herstellt, wie man in Harmonie mit der Mitwelt gärtnert, wie man später so mit seinen Kindern leben kann, dass diese selbstbewusste, lebensfrohe, empathische, spirituelle Menschen werden/bleiben, die mit einem großen Wissen in vielen Bereichen ausgestattet sind und so dem Leben stark begegnen können.
Ich möchte nicht Jahre lang unglücklich leben, in der Hoffnung, dass ich irgendwann das Geld angespart habe, mir ein Stück Land kaufen zu können um all diese Dinge tun zu können. Die Wahrscheinlichkeit, dass mir das gelingt, ist so gering, und die Wahrscheinlichkeit nach all den Jahren immer noch mit fast nichts da zustehen, ist so hoch – dass ich mich frage, ob es nicht mehr Sinn macht, jetzt schon zu einem großen Teil so zu leben, wie ich es möchte und zu hoffen, mit meinen kreativen Produkten über die nächsten Jahre hinweg Geld sparen zu können. Falls dies nicht klappt, habe ich nicht Jahre verschwendet, sondern habe die ganze Zeit im Prinzip schon so gelebt, wie ich es auf einem eigenen Stück Land getan hätte. Und ich hätte so viel von den Dingen gelernt, die mich wirklich und dringlich interessieren.

Wow. Jetzt habe ich so lange geschrieben bis ich wieder an dem gleichen Punkt ankam wie vor der Begegnung im Salsa-Club. Ich möchte gerne Eure Meinung hören, Eure Widersprüche, Zustimmungen, falls Ihr Fehler in meinem Denken entdeckt, möchte ich das wissen! Ich werde wahrscheinlich nicht zu allem eine Antwort schreiben, aber ich werde auf jeden Fall jede Meinung lesen und darüber nachdenken!
Ich nehme diese Entscheidung sehr ernst und ich möchte outside the box denken!

Friday, January 27, 2012

Ich bin wieder da! :)

Ich bin wieder da! Und so viel ist in den letzten eineinhalb Jahren passiert, ich weiß nicht, wo ich anfangen soll.. Ich denke, ich möchte erst einmal sagen, dass ich zwar online nichts gebloggt habe, aber sehr viele „Blogeinträge“ mit Stift und Papier geschrieben habe. Doch den Schritt zurück in den virtuellen Blog habe ich bisher leider nicht geschafft – ich weiß gar nicht so genau warum nicht. Ich glaube, ich habe auf irgendein Zeichen oder so etwas gewartet.
Als ich in Beneficio war, wollte ich mich vom Internet distanzieren und mir Zeit nehmen um über so einige Dinge zu reflektieren. Dazu kam das Problem, dass ich um das Netbook aufzuladen im „Internet-Café“ Beneficios pro Stunde einen Euro zahlen musste und das auf Dauer zu viel wurde.. Ich bin übrigens bis April 2011 in Beneficio geblieben, also fast ein Jahr. Für die Zeit seit April, die ich wieder in Berlin verbracht habe mit Strom und Internet, habe ich keinen triftigen Grund, warum ich nicht wieder gebloggt habe. Vielleicht weil ich dachte, ich hätte nichts Interessantes zu erzählen, sondern könnte nur Geschehnisse aus der Vergangenheit erzählen.
Diese Erklärung würde passen, denn jetzt habe ich wieder etwas wirklich Interessantes zu erzählen, dass sich im Jetzt und Hier abspielt. (Aber keine Sorge, ich werde Stück für Stück auch nachholen und erzählen, was ich in dem Jahr in Beneficio erlebt habe und es werden auch viele Bilder folgen ;)
Bevor ich zu den Neuigkeiten kommen kann, muss ich ein wenig weiter ausholen. Ich denke, dass diejenigen, die meine Reise nach Beneficio mitverfolgt haben, wahrscheinlich folgende Fragen haben: (Oder zumindest habe ich sie mir selbst oft gestellt.)

Warum bin ich solange in Beneficio geblieben, wenn ich doch noch weiter reisen wollte?
Warum bin ich nach fast einem Jahr wieder weg aus Beni?
Warum bin ich wieder zurück nach Berlin?

Jede dieser Fragen verlangt wohl nach einem eigenen Post, doch ich will es kurz zusammen fassen:

Weil's so schön war.
Weil's nicht mehr so schön war.
Weil ich dachte, hier könnte es vielleicht doch schöner sein oder zumindest genauso (un)schön.

Nunja, es sind zwar sehr, sehr starke Zusammenfassungen, aber dennoch bringen sie mich zu der Neuigkeit:
Ich stelle fest, so schön ist es hier gar nicht und so unschön war's in Beni nun auch nicht. Was mich wiederum dazu führt, in Frage zu stellen, ob ich hier bleiben will.
Schon seit einiger Zeit trage ich Zweifel in mir und bisher habe ich sie nur mit den mir Nächsten geteilt. Aber ich komme an einen Punkt, an dem ich mich zwar nicht 100%ig entschieden habe, welchen Weg ich weiter gehen möchte, aber dennoch will ich meine Zweifel und meine Unentschlossenheit nun mit einer größeren Menge an Menschen teilen. Ich habe mich fast dazu entschieden, Berlin wieder zu verlassen und ich habe mich fast dazu entschieden, wieder für eine Weile nach Beneficio zurückzukehren, aber eben doch nur fast. Etwas in mir hält mich noch zurück.
Vielleicht die Tatsache, dass ich hier einen zweiten Studiums-Versuch gewagt habe – diesmal historische Linguistik – und ich leider nicht vollkommen unfrei davon bin, was andere von mir halten und ich es entsprechend für etwas peinlich halte, zum zweiten Mal ein Studium abzubrechen.
Vielleicht auch, weil ich weiß, dass falls ich es aus irgendwelchen Gründen ein drittes Mal probieren wollen würde, es umso schwieriger wäre.
Was könnte mich noch zurückhalten? Vielleicht, dass mir aufgefallen ist, dass ich jedes Jahr plötzlich dieses Gefühl bekomme, woanders hingehen zu müssen und dass ich es vielleicht einfach aus Prinzip mal ausprobieren sollte, diesem Impuls, sollte das einer sein, nicht direkt zu folgen.
Doch ich möchte nicht hier bleiben, nur weil ich das Muster nicht vor einem Jahr gesehen habe und entsprechend in Beneficio geblieben bin. Ich möchte nicht hier bleiben, einfach nur weil ich jetzt gerade hier bin – obwohl es mich unglücklich macht.
Und vielleicht ist es auch okay diese Impulse zu haben, vielleicht ist es okay, ihnen zu folgen. Vielleicht ist es ungesund ihnen nicht zu folgen. Vielleicht sind sie ein Teil meines Charakters oder vielleicht ist es eine Phase, aber eine Phase, die ausgelebt werden muss um dadurch zu wachsen.
Ich möchte nicht etwas machen, nur „weil man es so macht“. Und doch habe ich in mir ein kleines Stimmchen, dass mir immer wieder sagt „wie man es macht“. Ich sollte mich nicht von diesem Stimmchen führen lassen, aber ich sollte auch nicht aus blinder Sturheit immer das Gegenteil machen. Ein Dilemma.

Ich will frei sein, wirklich frei. Doch das ist anfangs gar nicht so einfach. Was ich ganz persönlich als Beleg dafür ansehe, dass ich mit meinem vorherigen Denken, welches ich in dieser Gesellschaft gelernt habe, nicht frei war. Denn sonst hätte ich nicht so ein großes Problem damit, Entscheidungen zu treffen. Hätte ich immer die freie Wahl gehabt, hätte ich sicherlich gelernt, diese auch zu treffen. So muss ich mir jetzt also immer wieder die freie Wahl selbst geben und muss jetzt lernen, mich für meinen Weg zu entscheiden. Die Gefahr ist groß, schnell verängstigt und entmutigt zu sein ob der großen weiten Welt da draußen, und dann vor lauter Angst da lang zu gehen, wo die meisten lang gehen – mit langen Gesichtern und schleppenden Schritten.
Nein, ich möchte glücklich sein und nicht wie wohl die meisten Menschen am Ende meines Lebens in meinem letzten Atemzug einen der folgenden Wünsche aushauchen:

„1. Ich wünschte, ich hätte den Mut aufgebracht, ein Leben getreu mir selbst zu führen – anstatt eines, das andere von mir erwarteten.
2. Ich wünschte, ich hätte nicht so viel gearbeitet.
3. Ich wünschte, ich hätte den Mut aufgebracht, meine Gefühle zu zeigen.
4. Ich wünschte, ich wäre mit meinen Freunden in Kontakt geblieben.
5. Ich wünschte, ich hätte mich glücklicher sein lassen“

Nein, ich bereue bisher nichts und ich habe vor, auch in Zukunft nichts zu bereuen. Ich möchte am Ende und zu jedem Zeitpunkt meines Lebens sagen können: Ich führ(t)e mein Leben genau so, wie ich es mir wünsch(t)e und ich bin glücklich und mutig und dankbar für das Geschenk Leben.

Nun muss ich mir nur noch sicher darüber werden, was ich mir wünsche und was mich glücklich macht.